Fingerhut

„Verfluchter Mist“, fluchte er, und steckte den blutenden Finger zwischen die Lippen.
Es war schon das dritte Mal, dass er sich in der letzten halben Stunde gestochen hatte. „Schrunden hin oder her“, knurrte er vor sich hin. „Wenn’s so weiter geht, werd’ ich noch meinen dummen alten Fingerhut hervorkramen müssen.“
Seit Beginn der Pandemie hatten sowohl seine Konzentration als auch seine Finger zunehmend gelitten. Tag und Nacht saß er am Nähtisch.
„Du solltest dich glücklich schätzen“, ermahnte er sich.
Viele andere hatten ihre Geschäfte längst schließen müssen. Für ihn bedeutete die zunehmende Fettleibigkeit seiner wohlhabenden Kundschaft, dass er sich vor Aufträgen kaum retten konnte.
Als er noch vor sich hin grübelte und mit pochendem Finger den gewaltigen Kleiderberg vor seiner Nase betrachtete, riss ihn ein vertrautes Geräusch aus seinen Gedanken. Es war die Ladenglocke.